Rund 183 Tage vergehen im Schnitt, bis ein Antragsteller erfährt, ob seine private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt oder nicht. Das zeigt eine aktuelle Studie. Auch viele Vermittler sind mit dieser langen Dauer unzufrieden: Doch dass es nicht schneller geht, liegt oft nicht in der Verantwortung der Versicherer.
Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung ist wichtig: Schließlich muss jeder vierte Beschäftigte seinen Job vor Erreichen des Rentenalters aufgeben. Wenn der Ernstfall eingetreten ist, wollen die Betroffenen natürlich schnell wissen, ob sie Anrecht auf eine BU-Rente haben. Schließlich befinden sie sich in einer existentiell schwierigen und auch psychisch belastenden Situation. In der Regel wird eine BU-Rente gezahlt, wenn eine mindestens 50prozentige Berufsunfähigkeit festgestellt wird: Abhängig ist das jedoch vom jeweiligen Vertrag.
Es klafft eine große Lücke
Das renommierte Analysehaus Franke und Bornberg hat nun in einer Studie gegenübergestellt, wie sich die Praxis der Leistungsprüfung von der Erwartung der Versicherungsvermittler unterscheidet. Und hier klafft eine gewaltige Lücke. Die Vermittler gaben nämlich zu Protokoll, eine Leistungsprüfung dürfe im Schnitt nicht länger als 42 Tage dauern. Die Realität sieht freilich anders aus. Bei den befragten BU-Versicherern dauert es nämlich im Schnitt 183 Tage, bis sie über einen Leistungsanspruch entscheiden. Das ist eine gewaltige Lücke! Für die Zahlen wurden sechs Versicherer analysiert, die aber immerhin 60 Prozent des deutschen Marktes abdecken: Es sind also wahre Branchengrößen.
Nun könnte man auf die Versicherer zeigen und ihnen unterstellen, sie würden das Prozedere bewusst verzögern. Doch diese können in der Regel gar nichts dafür. Bis nämlich der Anspruch auf BU-Rente festgestellt werden kann, müssen auch mehrere Stellungnahmen von Ärzten und anderen medizinischen Fachkräften eingeholt werden. Und das dauert eben. 104 Tage vergehen im Schnitt, bis ein Arzt nach Anfrage sein fertiges Gutachten oder Fach-Statement vorlegt, so berichtet das Analysehaus. Hier stoßen Versicherer an ihre Grenzen, weil die Verzögerungen an anderer Stelle stattfinden. Die Einflußmöglichkeiten sind begrenzt.
Rund 78 Prozent der BU-Anträge problemlos bewilligt
Aktuell bemühen sich die Versicherer, die Leistungsprüfung zu beschleunigen: etwa durch eine bessere Absprache mit Ärztevertretern sowie neue technische Möglichkeiten durch den digitalen Wandel. Aber man muss gegenüber den Kunden ehrlich sein: Der Prüfprozess kann eine Weile dauern. Das bedeutet freilich nicht, dass die Versicherer Neinsager wären. Rund 78 Prozent aller Anträge auf BU-Rente werden ohne Beanstandung bewilligt, so geht aus GDV-Zahlen hervor. Das ist die überwiegende Mehrheit.
Doch Versicherungsnehmer können selbst etwas tun, um die Zeit zwischen Antrag auf BU-Rente und der tatsächlich bewilligten Leistung zu überbrücken. Wichtig ist es, ärztliche Unterlagen verfügbar zu haben und auch über die eigene Krankheitsakte im Bilde zu sein. Oft kommt es nämlich auch deshalb zu Verzögerungen, weil die Betroffenen ärztliche Unterlagen nicht zur Hand haben und nachreichen müssen. Auch sind fehlerhafte Diagnosen in Arzt-Abrechnungen leider keine Seltenheit: Hier kann der Patient auf eine Korrektur bestehen.
Bei neueren Verträgen gibt es eine Klausel in BU-Policen, die helfen kann, die Wartefrist zu überbrücken. Die Rede ist von der sogenannten Arbeitsunfähigkeits-Klausel (AU). Hier zahlt der Versicherer eine Übergangsleistung, wenn die Arbeitsunfähigkeit nach einer längeren Frist festgestellt wurde: ähnlich einer Krankentagegeldversicherung.
Der Vorteil dieser Klausel: Die Leistungen werden ausdrücklich wegen Arbeitsunfähigkeit erbracht und stellen keine Vorauszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente dar. Deshalb muss sie der Betroffene später auch nicht zurückzahlen, sollte keine BU-Rente bewilligt werden. Ein Beratungsgespräch kann helfen, einen guten Vertrag mit Bonusleistungen zu finden.
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