Pflegefinanzierung: Vollversicherung gefordert und Kritik daran
Ein Bündnis aus Sozialverbänden und Gewerkschaften machte sich diese Woche für eine Pflegevollversicherung stark. Was sich dahinter verbirgt und welche Kritik an dem Konzept geübt wird.
Derzeit müssen Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim durchschnittlich rund 2.700 Euro pro Monat selbst aufbringen. Davon entfallen allein auf die pflegerische Versorgung rund 1250 Euro, der Rest setzt sich zusammen aus Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten. Nur eine kleine Minderheit von 14 Prozent geht laut Umfrage davon aus, diese Kosten im Pflegefall selbst stemmen zu können. Lediglich 6 Prozent der Befragten halten Zusatzkosten trotz Pflegeversicherung in dieser Höhe für angemessen. Besorgniserregend ist, dass eine große Mehrheit (76 Prozent) deutlich unterschätzt, was sie im Falle von Pflegebedürftigkeit in einem Heim zahlen müssten.
Ein Bündnis aus Gewerkschaften und Sozialverbänden fordert angesichts der Umfrage-Ergebnisse einen Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung. Dieser Gedanke wird laut Umfrage von einer großen, parteiübergreifenden Mehrheit der Bevölkerung geteilt. So sprechen sich 81 Prozent der Befragten für eine solche Vollversicherung aus. Darunter sowohl Anhänger der SPD (79 Prozent), der Grünen (82 Prozent), als auch der CDU (78 Prozent) sowie der FDP (76 Prozent).
Konkret setzt sich das Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung ein, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt – unabhängig davon, ob es sich um stationäre oder ambulante Pflege handelt. Auch die familiäre Pflege dürfe nicht aus dem Blick geraten, heißt es seitens der Gewerkschaften und Sozialverbände.
Kritik an den Plänen kam vom Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV-Verband). Der Verband befürchtet, dass mit einer solchen Versicherung der Anreiz zur Eigenvorsorge verloren gehen würde. Zudem warnt der Verband davor, dass der Begriff ‚Pflegevollversicherung‘ falsche Erwartungen schüren würde. Dabei sollen lediglich die pflegebedingten Eigenanteile übernommen werden. Kosten für Unterkunft und Pflege müssten weiterhin selbst getragen werden. Ein weiteres Argument der Versicherer: Eine von der Solidargemeinschaft finanzierte Vollversicherung würde eher die Erben wohlhabender Menschen schützen, statt Bedürftige gezielt zu unterstützen.
Über die Studie:
Die repräsentative Umfrage wurde vom 1. August bis 7. August 2023 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Bündnisses durchgeführt. Insgesamt wurden 1010 Personen über 18 Jahre im Rahmen der Mehrthemenumfrage des repräsentativen Online-Befragungspanels forsa.Omninet befragt.