Die Zeiten hoher Garantiezinsen in der Lebensversicherung sind aufgrund der EZB-Niedrigzinspolitik für Neukunden schon länger vorbei. Denn Lebensversicherer müssen einen großen Teil der Kundengelder sicher anlegen: Rund 86 Prozent der Gelder stecken laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Rentenpapieren wie Staatsanleihen.
Fest verzinsliche Wertpapiere und vergleichbare Geldanlagen werfen in Zeiten der Null-Zinsen jedoch kaum noch etwas ab. Demnach befindet sich auch jener durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) genehmigte Höchstrechnungszins im Sinkflug, der für viele Lebensversicherer zugleich Richtwert für den so genannten Garantiezins ist: 0,90 Prozent beträgt er seit Januar 2017.
Ein solch magerer Zinssatz wird Kunden derzeit auf den Sparanteil ihrer Beiträge maximal garantiert, sobald sie ein Vorsorgeprodukt der Lebensversicherung mit Zinsgarantien neu abschließen. Ein historischer Tiefstand: Von Juli 1994 bis Juni 2000 waren noch vier Prozent als Garantiezins drin. Doch aktuell droht ein weiteres Absinken des Garantiezinses und damit ein neuer historischer Tiefpunkt.
Denn mit der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) empfehlen die Mathematiker der Assekuranz: Der Höchstrechnungszins soll ab 1. Januar 2021 nur noch karge 0,5 Prozent betragen. Stimmt nun das Bundesfinanzministerium dem Vorschlag zu, rücken auch in der Lebensversicherung die „Null-Zinsen“ bedrohlich näher.
Produkte ohne Garantiezins: Die „Neue Klassik“
Mit sinkenden Zinsen werden auch klassische Policen für die Kunden zunehmend unattraktiv. Außerdem müssen Lebensversicherer genug Reserven erwirtschaften, um die bisherigen und nun üppigen Garantien alter Verträge zu bedienen. Das drückt auch auf die Überschüsse, die ebenfalls lange als attraktives Argument der Produkte galten. Anbieter versuchen demnach, neue Mischmodelle auf den Markt zu bringen, um das Dilemma der Niedrigzinsen zu umgehen.
Die Mischprodukte sollen dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden entgegenkommen und darin den „klassischen“ Leben-Policen ähneln. Zugleich jedoch sprechen die Lebensversicherer keine garantierte Verzinsung mehr aus und garantieren zum Beispiel nur den Erhalt der eingezahlten Beiträge – das ist „neu“. Stattdessen versprechen Anbieter höhere Renditechancen durch mehr Flexibilität bei der Geldanlage.
Als Beispiel: Indexpolicen
Eines dieser Mischmodelle stellen so genannte „Indexpolicen“ dar, die auch als „Indexgebundene Rentenversicherungen“ bezeichnet werden. Angelegte Gelder gelten für diese Produkte als „sicher“: Beiträge und Guthaben werden bei Indexpolicen ebenfalls fast vollständig im konservativ gehandhabten Sicherungsvermögen angelegt – fest verzinsliche Wertpapiere und andere sichere Geldanlagen bilden also die Produktbasis.
Zugleich aber gilt als Versprechen: Kunden können an Börsen-Indizes partizipieren, die das Marktgeschehen an den Aktienmärkten abbilden – zum Beispiel an der Entwicklung des DAX. Jedoch gelten zwei Einwände. Zum einen werden nur jene Gelder zur Abbildung eines Börsenindex investiert, die zuvor als Überschüsse erwirtschaftet wurden. Zum anderen findet kein direktes Investment in eine Börse statt, sondern Anbieter tätigen komplexe und für Laien oft schwer verständliche Optionsgeschäfte. Sie lassen also andere Anbieter auf die Entwicklung eines Index setzen und leisten eine Art Gebühr hierfür. Dadurch soll erneut das direkte Risiko der Geldanlage, sogar für Überschüsse der Kunden, minimiert werden.
Kunden erhalten demnach eine zusätzliche Garantie: Fällt die Jahresrendite des bedachten Index negativ aus, wird sie auf Null gesetzt. Die eingezahlten Gelder (abzüglich der Kosten) sind somit garantiert und Verluste sind ausgeschlossen. Aber Sicherheit hat auch bei diesen neuen Produkten ihren Preis: Diese Garantie für eingezahlte Gelder „bezahlen“ Kunden durch Deckelung der Rendite bei positiver Entwicklung des Index-Wertes. So könnte eine mögliche Begrenzung der Renditen bei einer absolute Obergrenze geschehen, dem sogenannten „Cap“. Solche Obergrenzen werden zumeist jährlich durch die Versicherer neu bestimmt. Wird dann zum Beispiel die Rendite bei drei Prozent gedeckelt, sind mehr als drei Prozent Rendite auf das Vertragsguthaben für den Kunden nicht drin…und zwar selbst dann nicht, wenn sich ein Index besser entwickelt.
Was über dem Deckel liegt, nutzt der Versicherer zum Beispiel für die Kosten der Optionsgeschäfte. Ein großer Reichtum oder ein „Wetten“ auf den Index wird also durch die neuen Produkte nicht ermöglicht. Aber die Anbieter versprechen Renditechancen auf längere Frist, die zumindest teilweise von der Entwicklung des Niedrigzins abgekoppelt sind.
„Neue Klassik“ in der Lebensversicherung: Expertenrat empfiehlt sich
Die Erfolgsgeschichte „klassischer“ Vorsorgeprodukte in der Lebensversicherung (mit guten Zinsen bei hoher Sicherheit) scheint durch den Niedrigzins auserzählt. Nun versuchen sich Anbieter durch Produkte der „Neuen Klassik“ an einer oft schwierigen Vermittlung zwischen verheißungsvollen Renditechancen der Geldanlage und dem Bestreben der Kunden nach Sicherheit. Dies ist nicht länger einfach zu haben – Indexpolicen stehen beispielhaft für Produkte im der Lebensversicherung, die aufgrund der Marktbedingungen immer komplexer werden.
Jedoch: Die neuen Produkte können sich für Vorsorgesparer durchaus auch lohnen, wie die Studie eines Analysehauses zur Entwicklung ausgewählter Indexpolicen zwischen 2008 und 2017 veranschaulicht. So lag die Rendite pro Jahr aus der Indexpartizipation eines Produkts etwa einen Prozentpunkt höher als eine „sichere Verzinsung“ – diese Verzinsung konnte ebenfalls beim jeweiligen Anbieter für das Produkt gewählt werden. Weil Produkte der „Neuen Klassik“ aber komplex sind und weil das Produktangebot vielfältig ist, kann guter Rat beim Experten lohnen.
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